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10
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October
2024
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Künstliche Intelligenz

LAION – KI und Urheberrecht, Text-/Data Mining

LG Hamburg, Urteil vom 27. September 2024 – 310 0 227/23

Das Landgericht Hamburg hat als erstes deutsches Gericht über einen KI-Copyright-Fall entschieden. Im Zentrum der Entscheidung stehen die 2021 in das Urheberrecht eingefügten Text- und Data Mining Schranken, §§ 44b und 60d UrhG. Nach diesen Vorschriften können fremde Werke in digitaler Form legal gesammelt und mit der Software für das Text- und Data Mining analysiert werden. Die Ergebnisse, wie z.B. aufbereitete Datensammlungen, dürfen entweder zu kommerziellen Zwecken (§ 44b UrhG) – sofern kein Rechtevorbehalt in „maschinenlesbarer“ Form erklärt wurde - oder aber zu wissenschaftlichen Zwecken (§60d UrhG) eingesetzt werden. Der Beklagte „LAION“ ist ein gemeinnütziger Open-Source-AI-Verein mit Sitz in Hamburg. Der Verein will u.a. mit Hilfe umfangreicher Datensets die Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenzen fördern. Dafür analysiert LAION öffentlich zugängliche Bilddateien im Hinblick auf ihre Bildbeschreibungen, um nicht-übereinstimmende Bild-Text-Paare herauszufiltern. Das als Lichtbild nach § 72 UrhG geschützte streitgegenständliche Foto (dieses zeigt eine Gruppe von Senioren beim Sport) des klagenden Stockfotografen ist Bestandteil eines solchen Datensatzes. Dieser wird von LAION - kostenlos – zum KI-Training angeboten. Konkret geht es um „LAION 5B“, ein Korpus (Datenset), der fast 6 Milliarden Bild-Text-Paare umfasst.

Diese für LAION typische Vorgehensweise, um stimmige Datensets zu schaffen, wird von den Hamburger Richtern zwar als klassischer Fall von Text- und Data Mining eingestuft. Das Gewinnen von Informationen über Korrelationen sei hierfür ein klassischer Anwendungsfall. Aufgrund der Vorbehaltserklärung über die Bild-Agentur des Klägers schließen die Richter eine Rechtfertigung der Beklagten durch die Schranke des § 44b UrhG dennoch aus. Die Agentur hatte auf ihrer Website in „natürlicher Sprache“ einen generellen Nutzungsvorbehalt gegenüber „KI- Webscraping“ öffentlich gemacht. Die Richter unterstellen, dass LAION technisch in der Lage gewesen sei, diesen Einwand in automatisierter Weise zu erfassen. Der Einwand sei somit immerhin „maschinenverständlich“ erklärt worden. Die nicht- kommerzielle und rein wissenschaftliche Zweckverfolgung von LAION (nämlich die KI-Forschung) rechtfertige hier aber die - vorbehaltsfreie - Privilegierung nach § 66d UrhG, so die Begründung für die Klageabweisung.

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23
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January
2024
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Künstliche Intelligenz

KI - Urheberrecht: New York Times, OpenAI, Axel Springer

Im Dezember 2023 hat die „New York Times“ Klage gegen OpenAI (aktuell das wohl bedeutendste Start-up der Welt) und deren Hauptgesellschafter Microsoft eingereicht. Den Entwicklern der KI-Software ChatGPT wird vorgeworfen, auf Kosten der NYT ein neues Geschäftsmodell aufgebaut zu haben, indem diese das Wissen aus Millionen von journalistisch hochwertigen „Times“-Artikeln ohne Erlaubnis und Vergütung zum Training ihrer KI genutzt haben und aktuell nutzen. Die zur Diskussion stehenden urheberrechtlich relevanten Handlungen beziehen sich zunächst auf den Kopiervorgang, der erforderlich ist, um die Artikel in den Satz der Trainingsdaten einzufügen. Kein Angriffspunkt hingegen ist der reine Lesevorgang durch die KI. Dieser nämlich fällt unter die gemeinhin freie Inspiration. Problematisch wird es erst wieder beim „Output“der KI, wenn nämlich dieser – so der Vorwurf der NYT – mitunter keine neuen Texte, sondern lediglich Plagiate mancher Times-Artikel „ausspuckt“. Diese nämlich können dann vergütungsfrei verbreitet werden, obwohl die originären Artikel hinter einer Paywall versteckt sind. Die NYT möchte als Ausgleich für diese aus ihrer Sicht erfolgten Rechtsverletzungen nunmehr eine Entschädigung durchsetzen. Der Klage sind langwierige (erfolglose) Lizenzverhandlungen vorausgegangen.

 Im Januar 2024 reagierte OpenAI in einem Blogpost erstmals öffentlich auf die Vorwürfe. Etwaige Plagiate im „Output“, so ihre Argumentation, seien auf Fehler im System zurückzuführen, an denen gerade gearbeitet werde. Vor allem aber bezieht sich OpenAI auf die „fair use“- Ausnahme des US-amerikanischen Urheberrechts. Danach sind alle Nutzungen von urheberrechtlich geschütztem Material frei, wenn diese „fair“ sind und z.B. nicht-kommerziellen Forschungszwecken dienen. Um dieses Argument zu verstehen, muss man wissen, dass das Training ihrer KI in einem von der Vermarktung unabhängigen Non-Profit-Unternehmenszweig stattfindet. Diesen „Trick“ wenden wohl diverse US-Entwickler von Sprachmodellen an, um sich auf „fair use“ beziehen zu können.  

 Mit dem Verlagshaus Axel Springer allerdings hat OpenAI inzwischen eine entsprechende Vereinbarung treffen können, wie im Dezember 2023 gemeldet wurde. Zusammenfassungen ausgewählter Nachrichteninhalte - mit Verlinkungen zu„Axel Springer“ - sollen demnächst gegen Vergütung für das Training zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug soll OpenAI dem Verlagshaus beim Aufbau einer KI-Strategie behilflich sein, wie es heißt.

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12
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July
2023
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Künstliche Intelligenz

US-Komikerin Sarah Silverman - Klage gegen OpenAI

Die US-Komikerin und Buchautorin Sarah Silverman („The Bedwetter“) und zwei weitere Autoren haben im Juni 2023 u.a. gegen das Technologieunternehmen OpenAI Klage eingereicht. Sie klagen an, dass OpenAI die Urheberrechte an Texten aus ihren Büchern verletzt habe. Diese seien als Trainingsdaten für das LLaMA- Sprachmodell, die künstliche Intelligenz von ChatGPT, rechtswidrig eingesetzt worden. Die hinterlegten Autorenvermerke, nämlich das Verbot die Inhalte ihrer Bücher als Schulungsmaterial für ChatGPT einzusetzen, seien absichtlich entfernt worden. Ihre Texte seien somit gegen ihren ausdrücklichen Willen und ohne Entschädigung zu Trainingszwecken kopiert worden. Eine Anfrage an das Programm, eine Kurzzusammenfassung des Buchinhalts etwa von „The Bedwetter“ zu erstellen, sei erfolgreich verlaufen. Das Programm hätte damit den Beweis für die unzulässige Schulung selbst geliefert.

Anders als im deutschen Urheberrecht gibt es in den USA keine Schrankenregelung wie den deutschen § 44b UrhG, wonach urheberrechtlich geschützte Werke zu Forschungszwecken auch ohne ausdrückliche Erlaubnis der Urheber als Trainingsdaten genutzt werden dürfen. So gilt für solche Fälle in den USA nur die allgemeine Schranke des „Fair Use“. Danach können – in bestimmten Fällen (so grundsätzlich auch beim Training künstlicher Intelligenzen) - zum Wohle der öffentlichen Bildung und der Anregung geistiger Produktionen Nutzungen urheberrechtlich geschützter Inhalte auch ohne Erlaubnis zulässig sein. Dennoch wird sich hier mit Blick auf die Schutzinteressen der Autoren u.a. die Frage stellen, inwieweit durch die Schulung der Künstlichen Intelligenz - mit den Texten der Kläger - Ergebnisse generiert werden können, die mit den Originalwerken konkurrieren. Dieser Aspekt wird in die gerichtliche Beurteilung sicher miteinfließen. Ein Grundsatzurteil in dieser Rechtsfrage ist zu erwarten.

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5
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July
2023
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Satire/Karikatur/ Parodie/Pastiche
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Bild-/Äußerungsrecht

Böhmermann/ Schmähgedicht/ BVerfGE

BVerfGE Beschluss vom 26. Januar 2022 – 1 BvR 2026/19 –

Satiriker Jan Böhmermann scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Land- und das Oberlandesgericht Hamburg hatten große Teile seines in der ZDF-Sendung „Neo Magazin Royal“ 2016 vorgetragenen „Schmähgedichts“ bereits 2016/2018 verboten. Böhmermann sieht sich in seinem Recht auf Meinungs-/Kunstfreiheit verletzt. Das Gericht nahm die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nicht an, da ihr keine Aussicht auf Erfolg bescheinigt wurde. Weiter begründet wurde diese Entscheidung nicht.

Das Gedicht als Teil einer komplexen Satire-Nummer zu den „echten“ Grenzen der Meinungs-/Kunstfreiheit enthielt u.a. diverse sexuell konnotierte Beschimpfungen gegenüber dem türkischen Staatspräsidenten. Diese wurden von den Gerichten einzeln und getrennt vom Gesamtzusammenhang bewertet und dabei als gezielte persönliche Diffamierungen des türkischen Staatspräsidenten eingestuft. Das Schmähgedicht war eine Gegenreaktion auf damalige Einschüchterungen Erdoğans gegen deutsche Journalisten.

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5
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July
2023
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Satire/Karikatur/ Parodie/Pastiche

Pastiche/Martin Eder/blühender Kirschbaum

LG Berlin, Urteil vom 2. November 2021 – 15 0 551/1 -

Drei Jahre lang stritt der Maler Martin Eder vor Gericht darüber, ob er das Computerbild eines blühenden Kirschbaums auch ohne Erlaubnis des Urhebers in sein Ölgemälde übersetzen durfte und hatte Ende 2021 letztlich Erfolg. Das Berliner Landgericht stufte die Arbeit Eders als eine künstlerische Ausdrucksform des Pastiches ein. Der Künstler ist dafür bekannt, von ihm als Kitsch oder Trash identifizierte Bilder aus dem Internet u.a. in Form von Collagen auf die Leinwand zu übertragen.

Das Berliner Gericht stützt sich in seiner Begründung auf den 2021 neu eingeführten § 51a UrhG. Danach sind vorbestehende Werke erstmals explizit auch für „Pastiche“ frei nutzbar, sofern sie – und so war es auch in diesem Fall - die Verwertungsinteressen des (Original-) Urhebers nicht beeinträchtigen. Nach kunsthistorischem Verständnis wird bei einem Pastiche ein fremdes Original im Wege der künstlerischen Auseinandersetzung entweder stilistisch oder auch in seiner konkreten Darstellungsform nachgeahmt und in einen neuen Zusammenhang gestellt; im Sinne von § 51a UrhG soll dadurch ein - zumindest - „innerer Abstand“ zum Originalwerk erzeugt werden. Eine freie Bearbeitung nach § 23 UrhG schied aus, da kein hinreichender „äußerer Abstand“ zum Original (Wiedererkennbarkeit war noch gegeben) erkennbar war.

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6
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July
2023
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Bild-/Äußerungsrecht

Künast-Beschluss/ Internet-Beleidigungen

BVerfGE, Beschluss vom 19. Dezember 2021 – 1 BvR 1073/20 –

Bei der rechtlichen Beurteilung von zehn beschimpfenden Facebook-Äußerungen gegenüber der Grünen-Politikerin Renate Künast haben nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Berliner Gerichte insbesondere die neue demokratisch-funktionale Dimension des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinreichend beachtet und falsche Maßstäbe angewendet. Die entsprechenden Beschlüsse wurden daher aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Kammergericht zurückgewiesen.

Ursprünglich standen 22 Äußerungen zur Diskussion. 12 von ihnen wurden durch die Instanzgerichte als strafbare Beleidigung bzw. Persönlichkeitsrechtsverletzung eingestuft. Übrig geblieben u.a. sind Äußerungen wie „Pädophilen-Trulla“, „geisteskrank“ oder „Gehirn amputiert“. In seiner Begründung hat das Bundesverfassungsgericht u.a. auf Folgendes hingewiesen:

(1) Auch wenn die Grenzen zulässiger Machtkritik an Politikern weiterzuziehen sind als bei Privatpersonen, heißt das nicht, dass eine Gewichtung zwischen dem Persönlichkeitsrechtsrecht und der Meinungsfreiheit entbehrlich ist, sofern keine Schmähungen oder Formalbeleidigungen - wie in den 10 verbliebenen Äußerungen - vorliegen. Auch darüber hinaus kann es nach einer umfassenden Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Einzelfalls und den Begleitumständen Grenzen zulässiger Kritik geben. Solche gerichtlichen Abwägungen aber hat es nicht gegeben.

(2) Ein solcher Prozess muss auch die neue öffentlich, demokratisch-funktionale Dimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berücksichtigen, sofern – wie in diesen Fällen - kritische Äußerungen von Amtsträgern oder Politikern in sozialen Netzwerken zur Debatte stehen. Bei solchen Personen können die Persönlichkeitsrechte unter Umständen gewichtiger sein als bei Privatpersonen. Das Bundesverfassungsgericht begründet diese neue Facette des Persönlichkeitsrechts in seinem Beschluss damit, dass nur unter dieser Bedingung eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft erwartet werden kann, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist (vgl. Rn. 35 des BVerfGE-Beschlusses). Auch dieses Versäumnis soll nun von dem Berliner Kammergericht  nachgeholt werden.

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6
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July
2023
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Satire/Karikatur/ Parodie/Pastiche

Documenta fifteen/Möllers´ Kunstfreiheits-Gutachten

Der Jurist Christoph Möllers hat im Auftrag der Bundesregierung für Kultur und Medien im Januar 2023 ein Gutachten zu den „grundrechtlichen Grenzen und grundrechtlichen Schutzgeboten staatlicher Kulturförderung“ vorgelegt. Anlass des Gutachtens waren unter dem Verdacht des Antisemitismus stehende Exponate der ducumenta fifteen - großformatige Werke mit teils drastischen Karikaturen. Die documenta wird von einer gemeinnützigen Gesellschaft (Gesellschafter: Land Hessen/Stadt Kassel) in Form einer GmbH veranstaltet. Die künstlerische Leitung hatte das indonesische Künstlerkollektiv ruangrupa.

Kernaussage des Gutachtens: Das Künstlerkollektiv als privater Grundrechtsträger kann sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit berufen. Auch Antisemitismus ist im Rahmen der liberalen Ordnung des Grundgesetzes von der Meinungsfreiheit geschützt, selbst wenn dieser angesichts der deutschen Geschichte skandalös und politisch zu verurteilen ist. Die Geschäftsführung bzw. die documenta GmbH, die wie eine staatliche Organisation zu behandeln ist, darf auf die kuratorische Konzeption bzw. auf die Kunst keinen Einfluss nehmen. Die Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit ermächtigen nur die „Künstler“. Allerdings besteht innerhalb einer staatlich organisierten Ausstellung die Verpflichtung zur Distanzierung und Kontextualisierung durch die Organisatoren gegenüber etwa antisemitischen Äußerungen. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen und den Staat verpflichtenden Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 2 GG. In dieser Hinsicht hätte sich die Geschäftsführung der documenta – so Möllers – wohl zu lange zu passiv verhalten.

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6
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July
2023
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Recht auf Vergessen
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Datenschutz

EuGH-Google/ Haftung/ Falschinformationen

2022 hat der Europäische Gerichtshof in einem weiteren Urteil gegenüber Google entschieden, dass der Löschungsanspruch personenbezogener Daten aus der Datenschutzgrundverordnung den Suchmaschinenbetreiber unmittelbar dazu verpflichtet, Verlinkungen zu löschen, wenn sie zu Falschinformationen auf einer Website führen. Die Betroffenen müssen dem Betreiber die dafür erforderlichen Beweise – in einem ihnen zumutbaren Umfang - vorlegen. In diesem Fall ging es um ein deutsches Ehepaar, das über eine Verlinkung ihres Namens zu einer amerikanischen Internetseite in Misskredit gebracht wurde.

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Dr. Anja Brauneck
Kunst- und Medienrecht
Rechtsanwältin
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zuletzt aktualisiert am 10.01.2025
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